Was Verhandlungen treibt

Im Rahmen von Verhandlungen gibt es immer wieder spannende Herausforderungen. Welche Methode ist am wirksamsten, was kann einem helfen, das ist alles Frage des Ziels, das man in Verhandlungen hat. Was aber immer wieder auftaucht ist die folgende Grafik von Lewicki.

Leif AG (2020) und Quelle: verschiedene Verhandlungsstrategien nach Lewicki (1998)

Lewicki und andere haben 5 Felder für die Verhandlung definiert. Diese sollen hier kurz beschrieben werden.

  • Vermeiden: Sind Sie weder am Ergebnis noch am Partner interessiert, bietet sich die Vermeidungsstrategie an. Gewinnen, also im Hinblick auf Beziehung und/oder Ergebnis wollen Sie hier nicht – deshalb vermeiden Sie Zeit und Aufwand. Was sich zunächst etwas komisch anhört, ergibt Sinn, wenn Sie in einer Situation stecken, bei der Sie eigentlich nicht verhandeln wollen, dies aber nicht direkt sagen können oder dürfen. Zum Beispiel: Schlüsselkunden verärgert man nicht – sondern reagiert geschmeidig aber ohne Interesse.
  • Anpassen: Sie haben ein hohes Interesse an der Beziehung. Und sind nicht zwingend auf ein Ergebnis in ihrem Sinn angewiesen. Zunächst einmal ein gutes Verhältnis zu besitzen und den Ergebnisausgleich auf später zu verschieben, könnte Teil Ihrer langfristigen Strategie sein. Gefestigte Beziehungen sind per se belastbarer und Menschen haben ein feines Gespür für bereits erhaltene Vorleistungen.
  • Kompromiss: Beide Seiten versuchen sich frei zu halten und keinen Schaden anzurichten. Man einigt sich auf einen Lösung, wo keiner verliert und keiner gewinnt.
  • Kooperieren: Hier steht der Spagat zwischen gutem Ergebnis und gleichzeitiger Stärkung der Beziehungsqualität. Hier kommt es oft zu einer Ausweitung des „Verhandlungsoptionen“, die sich aus der offenen Ansprache beider Interessen ergibt.
  • Konkurrieren: Hier streben sie primär ein „gutes“ Ergebnis auch zu Lasten der Beziehungsqualität an. Wer mit Wettbewerb in der Verhandlung agiert, vertritt die These „Mein Gewinn ist der Verlust des Partners“, der Kuchen ist definiert. Verhandlungen mit monopolistischen Einkäufern (“Tut mir leid, aber nicht weh…“) fallen in diese Rubrik.

Spannender finde ich die Achsen. Diesen wollen wir uns hier zuwenden:

  • Interesse an der Beziehung: Der Erhalt und oder die Verbesserung der Beziehung ist wichtiger Bestandteil dieser Achse.
  • Interesse am Ergebnis: Die Durchsetzung der eigenen Interesse steht im Vordergrund.

Wenn wir nun die Grafik in die Praxis übersetzen, sehen wir, warum wir unserem Partner, unserer Partnerin gegenüber in Verhandlungen sehr viel häufiger zur Anpassung oder Vermeidung tendieren. Wir wollen die Beziehung nicht strapazieren und nehmen unser “Verlieren” in Kauf, weil wir davon ausgehen, dass wir über die Zeit mehr gewinnen können.

Bei den anderen Taktiken steht der eigene Gewinn im Vordergrund. Ob wir nun ein “Win-Win” nach Harvard oder eine etwas grenzwertigere Methode wie Schranner anstreben ist dabei völlig offen.

Spannenderweise sehen alle Methoden den Kompromiss als wenig tragfähig an, da dieser keine richtige Lösung ist, sondern als negative Basis für die nächste Verhandlung gesehen wird. Im Leben machen wir aber häufiger das Gegenteil. Wir versuchen den schnellen Kompromiss auf Kosten sowohl der Beziehung und des Ergebnis. Also seien wir mutiger und klarer in unserem Verhandeln. Es macht mindestens viel mehr Spass als nur ein Kompromiss.